Aktualisiert am 16. November 2021 von ÁYIO-Q Redaktion
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Während der letzten Jahre entstand ein wahrer Hype um die Omega-3-Fettsäuren. Eine wachsende Zahl von wissenschaftlichen Forschungsarbeiten weist mittlerweile darauf hin, dass eine gute Versorgung mit diesen wertvollen Nährstoffen eine wesentliche Voraussetzung für Gesundheit und Wohlbefinden ist.
Der folgende Artikel klärt darüber auf,
- welche Fettsäuren in unserer Nahrung vorkommen,
- warum unser Körper vor allem die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA braucht und
- mit welchen Lebensmitteln man den Tagesbedarf problemlos decken kann.
Fette – die umstrittenen Nahrungsbestandteile
Fettsäuren und Fette (Lipide) gehören zu den problematischen Nahrungsbestandteilen. Einerseits sollen sie für Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) eines ständig zunehmenden Teils unserer Bevölkerung verantwortlich sein. Darüber hinaus machen viele Ärzte sie für erhöhte Konzentrationen an „schlechtem“ Cholesterin (LDL) und Triglyceriden im Blut verantwortlich.
Wenn Ernährungswissenschaftler von (versteckten) Fetten in der Nahrung sprechen, meinen sie damit Bestandteile, die aus gesättigten Fettsäuren bestehen. Einfach ungesättigte Fettsäuren (MUFA) und mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) hingegen gelten als gesund und sollten täglich über unverarbeitete Lebensmittel zugeführt werden.1
Was sind Omega-3-Fettsäuren?
Die Omega-3-Fettsäuren bilden eine Familie unterschiedlicher langkettiger Biomoleküle, die eines gemeinsam haben: Ihre Vertreter enthalten entweder eine einzelne (einfach ungesättigt) oder mehrere Doppelbindungen (mehrfach ungesättigt). Was meinen Biochemiker mit dem Begriff „ungesättigt“? Am einfachsten können Sie dieses Wort mit „reaktionsfreudig“ übersetzen. Im Gegensatz zu gesättigten Fettsäuren gehen ungesättigte Fettsäuren über ihre Doppelbindungen leicht chemische Reaktionen ein.
Was verbirgt sich hinter dem Ausdruck Omega-3? Mit der Zahl 3 wird darauf hingewiesen, dass die erste Doppelbindung am 3. Kohlenstoffatom beginnt, und zwar vom Omega-Ende des Fettsäuremoleküls aus betrachtet. Für Leser, die es ganz genau wissen wollen: Der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets Omega bezeichnet dasjenige Ende der Fettsäurekette, das am weitesten von der Carboxylgruppe („Säureanteil“) entfernt ist.2
Welche Omega-3-Fettsäuren kommen in Lebensmitteln vor?
Mit Sicherheit kennen die meisten die beiden wichtigen Vertreter der Omega-3-Familie: Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA). Beide sind in unterschiedlichen Konzentrationen in Kaltwasserfischen, Mikroalgen und Kleinstkrebsen (Krill) zu finden.
Gehalt von DHA und EPA in Lebensmitteln3
Fisch (pro 100 g) | DHA (mg) | EPA (mg) | Gesamtmenge (mg) |
Sardine | 747 | 1337 | 2084 |
Ostseehering | 740 | 1170 | 1910 |
Lachs | 593 | 1155 | 1748 |
Makrele | 588 | 739 | 1327 |
Regenbogenforelle | 424 | 600 | 1024 |
Thunfisch | 223 | 593 | 816 |
Dorsch/Kabeljau | 104 | 250 | 354 |
Schellfisch | 59 | 124 | 183 |
Hinweis: Krillöl und veganes Algenöl (Schizochytrium sp., Ulkenia sp.) gibt es im Handel in unterschiedlichen Darreichungsformen und Konzentrationen an EPA und DHA.
Das dritte allgemein bekannte Mitglied der Omega-3-Familie ist die Alpha-Linolensäure (ALA). Sie kommt in größeren Mengen in pflanzlichen Ölen wie Hanföl, Leinöl, Olivenöl, Sonnenblumenöl und Walnussöl vor. Zwischen den Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen und tierischen Quellen besteht ein wesentlichen Unterschied: EPA und DHA sind biologisch aktiv, ALA jedoch nicht.
Was bedeutet das? Unser Organismus kann biologisch aktive Verbindungen direkt verwerten. ALA muss zuvor durch körpereigene Enzyme in DHA und EPA umwandelt werden. Die Ausbeute ist allerdings ziemlich schlecht: Aus 100 Milligramm Alpha-Linolensäure entstehen nur 5 bis 10 Milligramm EPA und 2 bis 5 Milligramm DHA.4,5
Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren in der Nahrung
Neben den Omega-3-Fettsäuren zählen auch Omega-6-Fettsäuren zu den essenziellen Nährstoffen, die wir in ausreichenden Mengen über Lebensmittel aufnehmen müssen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten 2,5 Prozent der täglichen Gesamtenergiezufuhr durch Omega-6-Fettsäuren und 0,5 Prozent durch Omega-3-Fettsäuren abgedeckt werden. Das entspricht einem Omega-6 zu Omega-3-Verhältnis von 5 zu 1.6
Omega-6-Fettsäuren stecken vor allem in Muskelfleisch, Innereien, Butter und anderen Fetten, Eigelb sowie pflanzlichen Ölen. Bei der Aufzählung dieser Lebensmittel verwundert es nicht, dass die meisten Deutschen jeden Tag doppelt so viele Omega-6-Fettsäuren verzehren wie die DGE empfiehlt. Das ist übrigens der Grund, warum viele gesundheitsbewusste Menschen regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren verwenden. Auf diese Weise verschiebt sich das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 wieder in Richtung 5 zu 1.
Welche Aufgaben nehmen Omega-3-Fettsäuren im menschlichen Organismus wahr?
Sämtliche Organe unseres Körpers sind auf die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren angewiesen. Unter anderem spielen sie eine zentrale Rolle bei folgenden Prozessen:
- Produktion von Hormonen und Proteinen (Eiweißen),7-9
- Herstellung bestimmter Zellen unseres Immunsystems,10
- Zellstoffwechsel und Aufbau der Zellmembranen,11
- Regulierung der Triglycerid- und Cholesterinspiegel im Blut,12,13
- Kontrolle der Feuchtigkeit und Spannkraft unserer Haut.14
Mit einem Anteil von rund 30 Prozent gehört DHA zu wichtigste Lipiden im Gehirn. Es ist unter anderem für die Flexibilität und Durchlässigkeit der Zellmembranen verantwortlich und hat einen wesentlichen Einfluss auf die Kommunikationsgeschwindigkeit zwischen den Gehirnzellen.15
EPA und DHA sind die Ausgangsstoffe von sogenannten Eikosanoiden. Der Begriff Eikoanoide bezeichnet eine Gruppe hormonähnlicher Signalstoffe, die unter anderem Fieber, Schmerzen, Entzündungen, allergische Reaktionen sowie die Blutgerinnung regulieren.16
Eikosanoide aus EPA und DHA wirken entzündungshemmend. Aus diesem Grund können sie den Verlauf von Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn, Rheuma (rheumatoide Arthritis) und Multiple Sklerose positiv beeinflussen.17,18
Ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren wird mit verschiedenen psychischen und neurologischen Krankheiten in Verbindung gebracht. Dazu gehören vor allem Autismus, ADHS, Depressionen, bipolare Störungen, Schizophrenie, Demenz und Morbus Alzheimer.19-23
Ob Omega-3-Fettsäuren bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen helfen, ist in der Wissenschaft umstritten. Während frühere Studien Hinweise auf die Wirksamkeit von DHA und EPA bei Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck lieferten, schreiben ihnen aktuelle Metaanalysen (vergleichende Übersichtsarbeiten) nur einen minimalen Effekt zu.24-26
Was geschieht bei einer Unterversorgung mit EPA und DHA?
Ein zu geringer Anteil an Omega-3-Fettsäuren führt zu einer Verengung der Blutgefäße, vermehrten Entzündungen im Körper und einer Beeinträchtigung der Abwehrkräfte. Zu den möglichen Symptomen eines Omega-3-Mangels zählen:27
- Muskelschwäche,
- Durchblutungsstörungen,
- schlechtes Erinnerungsvermögen,
- Stimmungsschwankungen und Depressionen,
- trockene Haut.
Welche Mengen an EPA und DHA benötigen wir?
Anders als bei Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen gibt die DGE für Omega-3-Fettsäuren keine Referenzwerte an. Wer im Internet recherchiert, findet Hinweise in verschiedenen englischsprachigen Veröffentlichungen. Zumeist wird gesunden Erwachsenen empfohlen, jeden Tag mindestens 250 bis 500 Milligramm EPA und DHA mit der Nahrung aufzunehmen.28
Aber reicht das wirklich aus? Der tatsächliche Bedarf an Omega-3-Fettsäuren hängt von individuellen Faktoren ab wie Alter, Geschlecht, Körpergewicht, Ernährungsgewohnheiten, sportliche Aktivitäten und eventuell vorhandene Entzündungen im Körper. Aus diesem Grund können wir die Frage nach der optimalen Dosierung nicht pauschal beantworten. Wenn Sie Ihren Omega-3-Status erfahren möchten, empfiehlt sich ein Selbsttest für zu Hause.
Er liefert verlässliche Hinweise auf den Anteil von EPA und DHA am Gesamtfettsäuregehalt im Blut (Omega-3-Index) sowie das Verhältnis von Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren.
Als Normalbereich gilt:
- Omega-3-Index von mindestens 4 Prozent
- Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von 5 zu 1 oder kleiner
Was tun, wenn der Omega-3-Index und das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 außerhalb der Norm liegen?
Falls der Omega-3-Selbsttest ungünstige Werte anzeigt, ist es ratsam, die Ernährungsgewohnheiten umzustellen. Ein bis zwei Portionen mit insgesamt 300 bis 700 Gramm Sardine, Forelle, Lachs, Hering oder Makrele genügen in der Woche, damit Sie Ihrem Körper 7000 Milligramm EPA und DHA zuführen. Darüber hinaus lohnt es sich, jeden Tag einen bunten Salat mit Leinöl oder Hanföl zu verzehren. Denn diese Pflanzenöle enthalten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren im Verhältnis von 4:1 beziehungsweise 3:1.29
Um möglich schnell aus der Unterversorgung herauszukommen, empfehlen wir zusätzlich die Einnahme eines hochwertigen Nahrungsergänzungsmittels mit mindestens 1000 Milligramm DHA und EPA. Idealerweise erreichen Sie auf diese Weise einen Omega-3-Index über 7 Prozent sowie ein Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 von 1:2 oder besser noch 1:1.
Hinweis: Bei Nahrungsergänzungsmitteln mit Omega-3-Fettsäuren brauchen Sie keine Überdosierung zu befürchten. Nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind bei einer Tagesdosis bis zu 5 Gramm DHA und EPA keine unerwünschten Komplikationen zu erwarten.30
Quellen
[1] Ungesättigte Fettsäuren: So gesund sind sie!, auf https://www.mylife.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[2] Omega-3-Fettsäure, auf https://www.chemie.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[3] Wo sind Omega-3-Fettsäuren enthalten?, auf https://ak-omega-3.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[4] Mantzioris E et al. Dietary substitution with an alpha-linolenic acid-rich vegetable oil increases eicosapentaenoic acid concentrations in tissues. Am J Clin Nutr. 1994 Jun;59(6):1304-9.
[5] Brenna JT et al. Efficiency of conversion of alpha-Linolenic acid supplementation and conversion to n-3 long-chain polyunsaturated fatty acids in humans. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2009 Feb-Mar;80(2-3):85-91.
[6] Fett, auf https://www.dge.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[7] Patrick RP, Ames BN. Vitamin D and the omega-3 fatty acids control serotonin synthesis and action, part 2: relevance for ADHD, bipolar disorder, schizophrenia, and impulsive behavior. FASEB J. 2015 Jun;29(6):2207-22.
[8] Smith GI et al. Dietary omega-3 fatty acid supplementation increases the rate of muscle protein synthesis in older adults: a randomized controlled trial. Am J Clin Nutr. 2011 Feb;93(2):402-12.
[9] Saldeen P, Saldeen T. Women and omega-3 Fatty acids. Obstet Gynecol Surv. 2004 Oct;59(10):722-30; quiz 745-6.
[10] Gutiérrez S et al. Effects of Omega-3 Fatty Acids on Immune Cells. Int J Mol Sci. 2019 Oct 11;20(20):5028.
[11] Cholewski M et al. A Comprehensive Review of Chemistry, Sources and Bioavailability of Omega-3 Fatty Acids. Nutrients. 2018 Nov 4;10(11):1662.
[12] Pizzini A et al. The Role of Omega-3 Fatty Acids in Reverse Cholesterol Transport: A Review. Nutrients. 2017 Oct 6;9(10):1099.
[13] Bradberry JC, Hilleman DE. Overview of Omega-3 Fatty Acid Therapies. P T. 2013 Nov;38(11):681-91.
[14] Kawamura A et al. Dietary supplementation of gamma-linolenic acid improves skin parameters in subjects with dry skin and mild atopic dermatitis. J Oleo Sci. 2011;60(12):597-607.
[15] Bradbury J. Docosahexaenoic Acid (DHA): An Ancient Nutrient for the Modern Human Brain. Nutrients. 2011 May;3(5):529-554.
[16] Eikosanoide, auf https://www.chemie.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[17] Yan Y et al. Omega-3 fatty acids prevent inflammation and metabolic disorder through inhibition of NLRP3 inflammasome activation. Immunity. 2013 Jun 27;38(6):1154-63.
[18] Ernährungsmedizinische Wirkung von Omega-3-Fettsäuren, auf https://www.dr-schmiedel.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[19] Infante M et al. Omega-3 PUFAs and vitamin D co-supplementation as a safe-effective therapeutic approach for core symptoms of autism spectrum disorder: case report and literature review. Nutr Neurosci. 2020 Oct;23(10):779-790.
[20] Chang JP et al. Omega-3 Polyunsaturated Fatty Acids in Youths with Attention Deficit Hyperactivity Disorder: a Systematic Review and Meta-Analysis of Clinical Trials and Biological Studies. Neuropsychopharmacology 2018 Feb;43(3):534-545.
[21] Messamore E, McNamara RK. Detection and treatment of omega-3 fatty acid deficiency in psychiatric practice: Rationale and implementation. Lipids Health Dis. 2016 Feb 10;15:25.
[22] Cardoso C et al. Dietary DHA and health: cognitive function ageing. Nutr Res Rev. 2016 Dec;29(2):281-294.
[23] Shinto L et al. A randomized placebo-controlled pilot trial of omega-3 fatty acids and alpha lipoic acid in Alzheimer’s disease. J Alzheimers Dis. 2014;38(1):111-20.
[24] Jain AP et al. Omega-3 fatty acids and cardiovascular disease. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2015;19(3):441-5.
[25] Abdelhamid AS et al. Omega-3 fatty acids for the primary and secondary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Jul 18;7(7):CD003177.
[26] Abdelhamid AS et al. Omega-3 fatty acids for the primary and secondary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev. 2020 Feb 29;3(3):CD003177.
[27] Omega-3 fatty acids, auf https://www.mountsinai.org, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[28] How Much Omega-3 Should You Take per Day?, auf https://www.healthline.com, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[29] Gesunde Öle: Wie du ein gutes Öl erkennst – in 7 Schritten, auf https://www.lascarabella.de, Zugriffszeitpunkt 4.11.21
[30] European Food Safety Authority. Scientific opinion on the tolerable upper intake level of eicosapentaenoic acid (EPA), docosahexaenoic acid (DHA) and docosapentaenoic acid (DPA). EFSA J. 2012;10(7):2815.