Aktualisiert am 14. November 2021 von ÁYIO-Q Redaktion
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Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind wichtig, damit unser Körper Schilddrüsenhormone bilden kann. Im dritten Teil der Artikelreihe über Schilddrüsenerkrankungen gehen wir näher auf die Aufgaben von Mikronährstoffen und die Auswirkungen einer Unterversorgung auf unsere Schilddrüse ein.
Mineralstoffe und Vitamine erfüllen wesentliche Aufgaben bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen
Eine angemessene Versorgung mit Selen sowie eine optimale Jod-, Kupfer- und Eisenzufuhr sind wichtige Voraussetzungen für eine gesunde und funktionsfähige Schilddrüse bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Nur dann ist unser Körper in der Lage, die Hormone T3 und T4 in ausreichenden Mengen herzustellen.1,2
Zink und Selen spielen eine zentrale Rolle bei der Umwandlung von T4 in T3 sowie der Herstellung von freiem T3 (fT3). So kann eine Unterversorgung mit Selen die Auswirkungen eines Jodmangels verschlimmern. Das Gleiche gilt für einen Vitamin-A- oder Eisenmangel.3,4
In aktuellen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut und dem Auftreten von Morbus Basedow und Hashimoto-Thyreoiditis nachgewiesen.5
Einer Unterversorgung mit Vitaminen und Mineralien vorbeugen
Bei einem Defizit an lebensnotwendigen Mineralstoffen und Vitaminen kommt es mit der Zeit zu Funktionsstörungen der Schilddrüse und als Folge davon zu einer Beeinträchtigung des Stoffwechsels. Zur Vorbeugung von Schilddrüsenerkrankungen ist es deshalb wichtig, dem Organismus Vitamin A, Vitamin D, Selen, Jod, Zink, Eisen und Kupfer über eine ausgewogene Ernährung zuzuführen.6
Auch wenn bereits eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) oder die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis diagnostiziert wurde, lohnt es sich, den Körper mit allen Mikronährstoffen zu versorgen. Auf den Sonderfall Jod gehen wir im nächsten Abschnitt näher ein.
Mehrere Studien mit Hashimoto-Patienten zeigten, dass sich die Einnahme von Selen günstig auf die Entwicklung der Krankheit auswirkt. Die Einnahme von Selen und dem Ballaststoff Inositol führte sogar zu einer Normalisierung der Schilddrüsenfunktion bei Probanden mit Hashimoto-Thyreoiditis.7,8
Jodsalz – Fluch oder Segen für die Schilddrüse?
Da unsere Ackerböden kaum Jod enthalten, zählen Deutschland und andere europäische Länder zu den Jodmangelgebieten. Ältere Leser kennen sicherlich die Bilder von Menschen mit enorm vergrößerten Schilddrüsen, dem Kropf, als Folge des Jodmangels. Seit dem 19. Jahrhundert gehört das sogenannte Kropfband zur österreichischen und bayerischen Tracht, um die Schilddrüsenvergrößerung oder die Narben der Kropfoperation zu verdecken.9
Die Idee, die Jodzufuhr in den betroffenen Gegenden zu erhöhen, ist deshalb logisch. Auf diese Weise lässt sich – so die Überlegung – die Funktion der Schilddrüse normalisieren und die Kropfbildung vermeiden. Viele Ärzte und Gesundheitsexperten befürworten die Jodierung von Speisesalz, Fertiggerichten und Tierfutter, um die Versorgung der Bevölkerung mit Jod sicherzustellen.
In einer Presseerklärung vom 29. Januar 2013 äußerte sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) besorgt darüber, dass die Jodversorgung von Kindern und Erwachsenen immer noch nicht ausreicht. Nach Angaben der Wissenschaftler verschlechtert sich der Jodstatus seit den 1990er-Jahren wieder.10
Auf der anderen Seite warnen Heilpraktiker und Naturheilärzte vor einer unkontrollierten Verwendung von jodierten Nahrungsmitteln. Denn mehrere aktuelle Forschungsarbeiten legen einen Zusammenhang zwischen übermäßiger Jodzufuhr und der Entstehung einer Schilddrüsenüberfunktion (Morbus Basedow) sowie einer Hashimoto-Thyreoiditis nahe.11
Nach Angaben des Kompetenzzentrums der Schweiz für landwirtschaftliche Forschung (Agroscope) ist es in Frankreich verboten, jodiertes Salz in verarbeiteten Lebensmitteln einzusetzen. Denn die französische Lebensmittelsicherheitsbehörde AFSSA befürchtet, dass eine systematische Anwendung die französische Bevölkerung dem Risiko einer Überschreitung der oberen Sicherheitsgrenze für Jod aussetzt.12
Kritiker wie der mittlerweile verstorbene ehemalige Chefarzt der Schilddrüsenambulanz des Krankenhauses Am Urban in Berlin, Professor Dr. Jürgen Hengstmann, sehen in der flächendeckenden Jodierung von Speisesalz die Ursache für die kontinuierliche Zunahme der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis. Wer bereits an Hashimoto oder Morbus Basedow leidet, sollte mit der Zufuhr von Jod vorsichtig sein.13
Ist es dann besser, kein Jodsalz zu verwenden?
Keine Sorge: 90 Prozent aller Menschen haben überhaupt keine Probleme mit Jodsalz & Co. Sowohl Kinder als auch Erwachsene unterstützen ihre Schilddrüse durch die Aufnahme von zusätzlichem Jod und profitieren auf körperlicher und psychischer Ebene von dem wertvollen Spurenelement.
Menschen, bei denen eine Schilddrüsenüberfunktion oder Hashimoto-Thyreoiditis vorliegt, verzichten am besten auf jodierte Nahrungsmittel. Falls ein Elternteil von Hashimoto oder Hyperthyreose betroffen ist, sollte man die Jodzufuhr nicht übertreiben. Das Gleiche gilt für Schwangere und stillende Mütter.
Weiterführende Artikel zu Hypothyreose, Hyperthyreose und Hashimoto-Thyreoiditis
- Hypothyreose, Hyperthyreose, Hashimoto – Psychische Aspekte
- Hypothyreose, Hyperthyreose, Hashimoto – Die häufigsten Erkrankungen der Schilddrüse
- Hypothyreose, Hyperthyreose, Hashimoto – Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
Quellen
[1] Köhrle J. Selenium and the thyroid. Curr Opin Endocrinol Diabetes Obes. 2015 Oct;22(5):392-401.
[2] Andrade GRG et al. Dietary Selenium Intake and Subclinical Hypothyroidism: A Cross-Sectional Analysis of the ELSA-Brasil Study. Nutrients. 2018 May 30;10(6):693.
[3] Ihnatowicz P et al. The importance of nutritional factors and dietary management of Hashimoto’s thyroiditis. Ann Agric Environ Med. 2020 Jun 19;27(2):184-193.
[4] Triggiani V et al. Role of iodine, selenium and other micronutrients in thyroid function and disorders. Endocr Metab Immune Disord Drug Targets. 2009 Sep;9(3):277-94.
[5] Kim D. The Role of Vitamin D in Thyroid Diseases. Int J Mol Sci. 2017 Sep 12;18(9):1949.
[6] Liontiris MI, Mazokopakis EE. A concise review of Hashimoto thyroiditis (HT) and the importance of iodine, selenium, vitamin D and gluten on the autoimmunity and dietary management of HT patients. Points that need more investigation. Hell J Nucl Med. Jan-Apr 2017;20(1):51-56.
[7] Krysiak R, Okopien B. The effect of levothyroxine and selenomethionine on lymphocyte and monocyte cytokine release in women with Hashimoto’s thyroiditis. J Clin Endocrinol Metab. 2011 Jul;96(7):2206-15.
[8] Nordio M, Basciani S. Myo-inositol plus selenium supplementation restores euthyroid state in Hashimoto’s patients with subclinical hypothyroidism. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2017 Jun;21(2 Suppl):51-59.
[9] Struma, auf https://de.wikipedia.org, Zugriffszeitpunkt 15.09.2021
[10] Jodunterversorgung wieder auf dem Vormarsch?, auf https://www.dge.de, Zugriffszeitpunkt 15.09.2021
[11] Rayman MP. Multiple nutritional factors and thyroid disease, with particular reference to autoimmune thyroid disease. Proc Nutr Soc. 2019 Feb;78(1):34-44.
[12] Goy D et al. Das Salz und seine Bedeutung. ALP forum 2008;59:1-18.
[13] Jodallergie, auf https://www.jod-kritik.de, Zugriffszeitpunkt 15.09.2021