Aktualisiert am 15. November 2021 von ÁYIO-Q Redaktion
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Der Begriff Anorexie bezeichnet in der Medizin zwei unterschiedliche Essstörungen: Appetitlosigkeit und Magersucht. Wenn im Folgenden die Rede von Anorexia oder Anorexie ist, meinen wir damit den fehlenden Appetit (Inappetenz).
Als Appetit wird die Lust bezeichnet, etwas Besonderes zu essen oder zu trinken. Diese kann ganz unabhängig vom Hunger auftreten, obwohl sie mit der Regulationsstelle für Hunger- und Sättigungsgefühle, die sich in der Kommandozentrale Hypothalamus befindet, in enger Verbindung steht.
Appetitmangel ist also, wenn das Lieblingsessen auf einmal nicht mehr schmeckt und die Lust am Essen generell vergangen ist. Vorübergehende Inappetenz kann natürlich einmal stressbedingt oder aufgrund emotionaler Aufruhr vorkommen, ohne dass hier eine dahinterstehende Ursache zwingend behandelt werden müsste. Hält die Appetitlosigkeit jedoch länger an, könnte eine gesundheitliche Störung bis hin zu einer Erkrankung dahinterstecken.1
Überwiegend an der Appetitbildung und der Bevorzugung bestimmter Geschmacksrichtungen beteiligt ist vor allem das Zentrale Nervensystem, genauer gesagt das limbische System. Dieses ist eines der ältesten Teile des menschlichen Gehirns. Hier liegt der dahinterstehende, bestimmende Taktgeber für unsere Triebe, Wünsche und Emotionen und eben auch für unseren Appetit. Ganze 80% des Essverhaltens liegen im limbischen System begründet. Auch das Belohnungszentrum im limbischen System unterliegt der Beeinflussung vieler Neurotransmitter wie beispielsweise des Serotonins und bestimmt, ob und worauf wir Appetit haben.2
Faktoren wie beispielsweise Anspannung, Emotionen, aber auch Aroma und Aussehen des Essens, beeinflussen die Ausschüttung der Neurotransmitter und damit die Appetitentwicklung wesentlich. Während die einen gern abnehmen möchten und mit purer Willenskraft gegen die Einflüsse des limbischen Systems ankämpfen wollen, leiden andere wiederum eben unter Appetitlosigkeit. Dies muss nicht zwingend am Fehlen bestimmter Neurotransmitter liegen. Für Appetitlosigkeit kommen zahlreiche Ursachen in Frage. Aber in jedem Fall ist eine anhaltende Inappetenz nicht nur ein Zeichen für eine ernstzunehmende Störung, sondern auch äußerst ungesund, denn mit der Zeit fehlen dem Organismus lebenswichtige Nährstoffe, was ernsthafte Folgen haben kann. Daher spricht man hierbei auch von einer Krankheit.3
Folgende Ursachen können bei Appetitlosigkeit vorliegen:
- Magen-Darm-Grippe
- Infektionen
- Lebensmittelvergiftung
- Bauchspeicheldrüsenentzündung
- Migräne
- Liebeskummer
- Hepatitis
- emotionaler Aufruhr
- Stress
- Leberzirrhose
- Medikamente
- Blinddarmentzündung
- Gallensteine
- Depression
- Magersucht
- Alkohol- oder Drogenmissbrauch
- Magenschleimhautentzündung
Appetitlosigkeit als Aufschrei der Seele
Ab und zu einmal keinen Appetit zu haben, ist nicht weiter besorgniserregend. Wer jedoch trotz körperlicher Gesundheit dauerhaft kaum Appetit verspürt, könnte unter einer seelischen Belastung leiden, die ihm nicht nur die Lust am Essen nimmt.
Sowohl bei Depressionen als auch beim Burn-Out zieht das seelische Leiden häufig auch somatische Beschwerden wie Appetitlosigkeit nach sich. Auch Angststörungen und andere psychische Krankheitsbilder gehen häufig mit mangelhaftem Appetit einher.
Umgekehrt kann natürlich eine positive, lebensbejahende Grundstimmung die Gesundheit und damit einen gesunden Appetit günstig beeinflussen.
Die Wirkung der Emotionen auf den Appetit
Dank der Psychoneuroimmunologie sind die biochemischen Reaktionen im Organismus mittlerweile eindeutig nachweisbar.
In sogenannten integrativen Einzelfallstudien wurden Stimmung und Allgemeinbefinden der Probanden untersucht und zeitgleich ihr Urin auf Entzündungswerte untersucht. Hier zeigte sich, dass bei emotionaler Belastung parallel auch die Entzündungswerte anstiegen.4
Doch ebenso konnte der Zusammenhang zwischen positiven Emotionen und Gedanken auf Entzündungen bereits durch Studien belegt werden.
Denn Körper und Seele ergeben eine untrennbar miteinander verbundene Einheit, bei der sich beide Pole wechselseitig bedingen und beeinflussen.
So bedeutet das griechische Wort „Psychosomatik“ auch Seele-Körper und verdeutlicht hier die Zusammengehörigkeit dieser vermeintlichen Gegensätze.5
Appetitlosigkeit als Begleiterscheinung bei Depressionen
Depressionen können einerseits zu einem gesteigerten Essverhalten, andererseits aber auch zu einer Appetitlosigkeit führen. Ebenso hat Stress – durch die Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter und Hormone bedingt – einen geminderten Appetit zur Folge.6
Um wieder Appetit aufs Essen zu bekommen, sind manchmal schon kleine Veränderungen hilfreich.
Ein liebevoll gedeckter Tisch, ein schön dekorierter Teller mit duftenden Kräutern und ein kurzes Innehalten vor dem ersten Bissen, lenken die Aufmerksamkeit auf das Essen und stellen einen positiven Anreiz für das Verdauungssystem dar. Ein entspannender Spaziergang, am besten in der freien Natur, hilft bei der Klärung der Gedanken und Gefühle und kann ebenfalls den Appetit fördern. So gibt es außer den herkömmlichen schulmedizinischen Methoden auch zahlreiche weitere Möglichkeiten der Selbsthilfe bei psychosomatisch bedingter Appetitlosigkeit.
Nicht zuletzt kann womöglich ein Entgiftungsprozess für Körper, Geist und Seele – ein ganzheitliches Fasten sozusagen – eine Chance sein, Platz für Neues zu schaffen.
Dann kann es hilfreich sein, sich mit den eigenen Lebensthemen auseinanderzusetzen, um das Symptom „Appetitlosigkeit“ auch einmal neu zu interpretieren und ihm vielleicht einen bisher verborgenen Sinn zuzuordnen. Denn Symptome, gerade psychosomatische Symptome, können einer Deutung unterzogen werden und damit eine Be-Deutung erhalten.
Ganz in diesem Sinne ist jederzeit der richtige Zeitpunkt, die Zügel – und damit die Verantwortung – für das eigene Wohlergehen wieder selbst in die Hand zu nehmen.7
Weiterführende Artikel zu: Anorexia – Appetitlosigkeit
Quellen:
[1] Appetitlosigkeit – Keine Lust auf Essen, auf https://www.pharmazeutische-zeitung.de, Zugriffszeitpunkt 02.07.2021
[2] Wie äußere Reize unser Essverhalten beeinflussen, auf https://www.geo.de, Zugriffszeitpunkt 02.07.2021
[3] Appetitlosigkeit, auf https://www.onmeda.de, Zugriffszeitpunkt 02.07.2021
[4] Psychosomatik, auf https://www.planet-wissen.de, Zugriffszeitpunkt 02.07.2021
[5] Emotionen, auf https://www.die-gesunde-wahrheit.de, Zugriffszeitpunkt 02.07.2021
[6] Psyche, auf https://www.planet-wissen.de,Zugriffszeitpunkt 02.07.2021
[7] Buch: „Krankheit als Weg“ von Rüdiger Dahlke und Thorwald Dethlefsen, Goldmann Verlag, (ISBN 978-3-442-16101-0)